Montag, 11. Mai 2015

Zero Dark Dirty

Kennt ihr den Film Zero Dark Thirty? Das ist der, in dem Regisseurin Kathryn Bigelow (mir persönlich nur bekannt durch den Surfer-Thriller Point Break und den mittelmäßig guten Strange Days, The Hurt Locker habe ich nicht gesehen) die Chronik der US-Jagd nach Osama Bin Laden erzählt. Beginnend mit dokumentarischen Audio-Mitschnitten vom 9. September 2001 bis hin zum heroischen Einsatz der Superhelden vom S.E.A.L. Team Six, die im Mai 2011 eine Wohnanlage in Abbottabad stürmten und ohne Hilfe und Wissen der pakistanischen Behörden den dort versteckten Bin Laden aufgriffen und exekutierten. Das alles unter den Augen und auf Befehl von Friedensnobelpreisträger Obama und seinem Verteidigungsstab, die sich das Schauspiel angeblich live zu Hause in Washington auf Video angeguckt haben.


Der Film gewann einen Oskar für bestes Sound-Editing und war nominiert für drei weitere. Darunter bester Film und beste Hauptrolle (Jessica Chastain, die in Interstellar wirklich verdammt gut war, hier aber eine, imho, zu farblos bleibt). Und der Streifen ist Schrott. Die Charaktere haben praktisch keine Hintergrund-Geschichte, die Schauspieler spielen hölzern und leblos ihre nicht überzeugenden Rollen und machen es zu einer Tortur sich das alles bis zum Ende der zeieinhalb Stunden anzutun. Der einzige Lichtblick in dem Film ist Jason Clark (bekannt aus Dawn of the planet of the apes, public enemies und the great Gatsby) als der Folterknecht Dan, dessen Performance wirklich gut war. Er spielt den CIA-Verhör-Spezialisten als wäre das Foltern von Menschen nur irgendein Job. Das war...beunruhigend und erinnerte mich irgendwie an die Geschichte von Eichmann.

Aber wie gesagt, der Film war Schrott und ist eigentlich keiner weiteren Erwähnung wert (ich habe ihm bei der IMDB eine Wertung von drei Sternen gegeben, fyi). Was interessant ist an dem Streifen, abgesehen davon dass er eindrucksvoll bewiesen hat, dass man auf die Oskars und Golden Globes einen Scheißdreck geben kann wenn es um gute Filme geht, ist der Fakt dass das dort erzählte Ende von Bin Laden von vorne bis hinten erstunken und erlogen ist. Schon damals, als ich den Film mit meiner Freundin geguckt habe, habe ich zu ihr gesagt "Ich weiss nicht, wie das da wirklich abgelaufen ist, aber du kannst dir sicher sein: so wie es hier gezeigt wurde war es nicht".

Nun muss man kein Experte sein um zu wissen dass ein schlecht gemachter Propaganda-Film in keinster Weise die wirklichen Ereignisse in Abbottabad darstellen kann, aber das ist genau die Aussage die zur Zeit seines Erscheinens durch die Medien ging, zusammen mit der Frage ob der Zweck wirklich jedes Mittel heiligt. Jedenfalls dürfte die Darstellung des Einsatzes vom S.E.A.L. Team Six in diesem Film vielen Amerikanern und auch Europäern als die realistischste Darstellung der Ereignisse gelten, die mit filmischen Mitteln machbar war.

Wie sich jetzt herausstellt, ist diese Darstellung nicht realistischer als z.B. der Herr der Ringe. Denn der amerikanische Journalist Seymour Hersh, das ist der Seymour Hersh der im Vietnam-Krieg das My Lai-Massaker aufgedeckt hat und damit erstmals amerikanische Kriegsverbrechen ins öffentliche Bewusstsein brachte, hat jetzt enthüllt [via Fefe] wie die Geschichte sich wohl tatsächlich zugetragen hat. Es gab keinen geheimen, heldenhaften Einsatz der Navy, die Story mit den Impfungen um Bin Ladens Identität zu beweisen ist eine Räuberpistole und es gab keine Erkenntnisse aus der Folter von Islamisten, die die CIA schließlich auf die Spur von Bin Laden geführt haben.

Was es gab das war ein Leibarzt Bin Ladens, der vom pakistanischen Geheimdienst angeworben wurde um Bin Ladens Identität zu bestätigen. Anschließend hat der Geheimdienst (der pakistanische Geheimdienst, wohlgemerkt) ihn gefangen genommen und so lange unter Verschluss gehalten, bis sie ihn dann teuer an die Amis verkaufen konnten als Obama im Wahlkampf Schützenhilfe brauchte um wiedergewählt zu werden. Vorher ließen sich die Pakistanis von den Saudis bezahlen um den Aufenthaltsort ihres Landsmannes geheim zu halten, aus Angst dieser könnte den Amerikanern Informationen über deren finanzielle Hilfen für Al Quaida geben.

Die Amis sind, nachdem sie den Standort wußten, mit Erlaubnis der pakistanischen Behörden da hin geflogen und haben den bettlägerigen Osama, mutmaßlich in seiner Zelle, abgeknallt exekutiert. Aber das ist keine gute Story um die heldenhaften amerikanischen Militärs zu preisen, also dachte man sich die schöne Räuberpistole aus, die Kathryn Bigelow dann für Hollywood in Szene setzte, garniert mit "wichtigen geheimdienstliche Erkenntnissen, erlangt mit der erweiterten Befragungstechnik™ (aka Folter)".

An dieser Geschichte überrascht mich eigentlich überhaupt nichts, bis auf den Umstand, dass die Merkel sich noch kein Beispiel an unseren amerikanischen Freunden genommen hat und ihren eigenen Blockbuster, z.B. zum NSU-Komplex, in Auftrag gegeben hat. Mit Karoline Herfurth als Beate Zschäpe vielleicht. Ich hätte auch schon einen Titel: Döner-Nazi Six. Oder so.

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